Lerntherapie
- mehr als nur Nachhilfe
Wenn Kinder Schulschwierigkeiten (z.B. Lese- Rechtschreib- / bzw. Rechenprobleme)
und/ oder problematisches Verhalten zeigen, so leiden meist Eltern und
Kinder gleichermaßen darunter. Diese Symptome stehen oft im Zusammenhang
mit einer Lernstörung: Dem Kind wurde ein Lernangebot gemacht,
das es - trotz ausreichender Begabung - aus zunächst nicht erklärbaren
Gründen nicht wahrnehmen konnte. Notwendige Erfolge und Anerkennung
bleiben aus. Es kommt zu den oben beschriebenen Symptomen, die als Versuch
des Kindes zu interpretieren sind, einen Ausweg aus seiner Situation
zu finden. Oft zeigen die von der Familie unternommenen Lösungsversuche
nicht den gewünschten Erfolg. Sowohl beim Lesen und Schreiben als
auch beim Rechnen handelt es sich um sehr komplexe Lernanforderungen.
Sie stellen ganzheitliche Tätigkeiten dar, die das Ergebnis der
Wechselwirkung der nachfolgend aufgeführten Faktoren sind.
Sensorik
Hierzu gehören u.a. grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten
im taktil-kinästhetisch-vestibuläre Bereich ebenso wie das
Hören und Sehen und das aktive Horchen und Schauen.
Motorik
Hierzu gehören u.a. grobe Körperkoordination: der Körperhälften
und sowie der oberen und unteren Extremitäten, sowie extrem bedeutsamer
Leistungen wie Auge-Hand-Koordination.
Sensorische Integration
Das neurologisch so bedeutsam Zusammenspiel aller Sinne als Verknüpfung
der Wahmehmungsleistungen.
Sprach- und Sprechkompetenz
Hier sind Bereiche zu nennen wie aktiver und passiver Wortschatz, Sprachverständnis,
das Beherrschen der Grammatik, Laute und Zahlen ent- und verschlüsseln;
Codieren auf den verschiedenen Ebenen von Sprache (Laut- Wort- Satzebene)
verlangen differenzierte Wahrnehmungs- und motorische Leistungen sowie
Zuordnungsfähigkeit und Symbolverständnis.
Spezifische Schriftsprachkompetenzen
Lauten müssen Buchstabensymbole zugeordnet werden, diese müssen
beim Lesen als Information visuell-räumlich identifiziert, beim
Schreiben mit feinstmotorischer Steuerung und Dosierung abgerufen werden;
Worte müssen in Silben oder Bausteine (Morpheme) segmentiert werden.
Um all diese Anforderungen bewältigen zu können, sind psychische
Fähigkeiten wie Selbstvertrauen Stabilität, Differenzierungsfähigkeit
(Körperwahrnehmung), Ausdauer, Frustration ertragen können,
Vertrauen in andere setzen, Interaktionsfähigkeit etc. erforderlich.
Lerntherapie definiert sich durch ihr Ziel:
Der /die Betroffene soll
mit Hilfe von therapeutischen Mitteln befähigt werden, den blockierten
Lernprozess wieder in Gang zu setzen.
Lerntherapie ist integrativ und individuell, weil verschiedene Methoden mit
verschiedenen Inhalten kombiniert werden.
Methoden aus Pädagogik, Lernpsychologie, Heilpädagogik und
Psychotherapie werden mit Inhalten aus verschiedenen Fachwissenschaften
wie Germanistik, Linguistik, Mathematik sowie Medizin und Biologie integriert.
Die Integration geschieht mit dem Ziel, Einzelerkenntnisse und Spezialmethoden
in ihrer Wechselwirkung mit dem ganzen Menschen in seinen aktuellen
Lebenszusammenhängen zu berücksichtigen.
Somit geht Lemtherapie über den Rahmen der Förderung von Einzelfähigkeiten bzw.
-fertigkeiten hinaus und unterscheidet sich dadurch, daß der Funktionalbereich
einbezogen wird deutlich von Psychotherapie.
Qualifikation
Um ihre Klienten unterstützen zu können benötigen LerntherapeutInnen
daher Fachwissen über den Lerngegenstand (Lesen, Schreiben, Rechnen),
sprachwissenschaftliche, entwicklungspsychologische Kenntnisse über
Lernentwicklung im Bereich Sensomotorik, Sprache, psychosoziales Verhalten
sowie psychotherapeutische Fähigkeiten für das Umgehen mit
Lernstörungen und Leistungsversagen.
LerntherapeutInnen versuchen ihre Klienten durch alternative und individuell
angepaßte, didaktisch- methodische Vorgehensweisen zur sachangemessenen
Lernstrategien und damit zum Erleben von Erfolgen zu befähigen,
die sich wiederum positiv auf die Lernmotivation auswirken.
Vorgehen
Aufgrund ihrer therapeutischen Kompetenz sind Lerntherapeutlnnen im
Stande, bestehende Lernblockaden beim Klienten sowie Lernhemmnisse in
der sozialen Umwelt zu erkennen und lösungsorientiert zu beraten.
In der Beratung der erwachsenen Umwelt (Eltern, Erzieher , Lehrer) versucht
der/die LernthempeutIn widersprüchliche Erwartungen, Mißtrauen
in die Anstrengungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Kinder,
Abwertung, Druck und Repressionen, die in der Regel ungewollt einwirken,
aufzusparen und gemeinsam mit ihr alternative Handlungsmöglichkeiten
zu entwickeln.
Das zentrale Ziel in der lerntherapeutischen Denkweise ist also, die
vorhandenen Ressourcen des Kindes, der Familie und der Schule aufzuspüren
und zu positiven Zusammenwirken anzuregen.
Die Arbeit beruht auf der Erfahrung, daß negative Lernerfahrungen
am besten durch positive Lernerfahrungen überwunden werden. Auch
mit der besten Methode wird ein Mensch nichts lernen, der grundsätzlich
Angst vorm Lernen hat und sich nach vielen Mißerfolgen nichts
mehr zutraut, dies gilt sowohl im sozialen wie im schulbezogenen Bereich.
Er muß grundlegend in seiner Lern- und Leistungsfähigkeit
ermutigt werden, damit sein Selbstvertrauen wieder wachsen kann. Dies
geschieht am besten durch die Beschäftigung mit motivierenden "neutralen"
Aufgaben, die noch nicht durch Mißerfolge vorbelastet sind, aber
grundlegende Fähigkeiten wie Kreativität, Geschicklichkeit,
Aufgabenstrukturierung und Problemlösung schulen. Wir arbeiten
deswegen mit den Kindern und Jugendlichen - einzeln oder in kleinen
Gruppen - zunächst in Form von gestalterischen, spielerischen,
musischen und sportlichen Aktivitäten.
Die Eltern werden mit in die Therapie einbezogen, damit sie Veränderungen
- eventuell auch schwierige - ihrer Kinder verstehen und positiv begleiten
können.
Die sich anschließende Arbeit mit dem Kind wird auf seine individuellen
Bedürfnisse abgestimmt und kann z.B. spieltherapeutische Elemente,
Entspannungsübungen, Wahrnehmungsförderung, psychomotorisches
Training, Sprachtherapie oder spezielles Rechtschreib- bzw. Rechentraining
enthalten. Auch Familiengespräche können sich als sinnvoll
erweisen. Die Arbeit mit den Kindern findet einzeln oder in kleinen
Gruppen statt.
Der Therapieansatz
sieht vor, das Kind dort abzuholen, wo es mit seinen tatsächlichen
Fähigkeiten steht, und mit ihm zusammen die Defizite aufzuarbeiten.
Dabei wird berücksichtigt, daß kein Kind wie ein anderes
ist. Jedes Kind und seine Eltern brauchen das individuelle Hilfsangebot,
das auf ihre spezielle Problematik zugeschnitten ist.
Rechnen, Schreiben, Lesen sollen nicht als isolierte Fähigkeiten
´trainiert´ werden, sondern dem Kind helfen, die Lernschritte
und Erfahrungen zu machen, die es braucht, um Lesen, Schreiben und Rechnen
zu lernen.
Lernen ist ein ganzheitlicher
Prozeß, der erst durch ein Zusammenspiel aller Sinne möglich
wird.